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Historisches aus dem Musik-Kreis

Lauenburgische Landeszeitung 1996

Leserbriefe zum Artikel v. 4. 4.1996

Ein verdienter Mann
Betr.: „Kirchenmusiker gekündigt", „LL" vom 4./S. 4. 1996
Seit 65 Jahren bin ich in der evangelischen Kirche, seit 42 Jahren zahle ich treu meine Kirchensteuern. Da bin ich wohl berechtigt zu fragen: „Was ist nur in unserer Kirche los"? Ich lese, dass es nicht möglich war, in Emden von zehn Konfirmanden sieben Gymnasiasten und Realschülern das kleine Kircheneinmaleins beizubringen und sie deshalb nicht in die Kirchengemeinde aufzunehmen. Und in Lauenburg kann man einen verdienten Mann nicht ertragen, der oft dafür gesorgt hat, dass noch Kirchenbesucher gezählt werden konnten, weil er mit seiner erwachsenen Freundin zusammenleben möchte.
Für mich ist das ein Thema, das nur Ehemann, Ehefrau, Kinder und Freundin im engen Familienkreis etwas angeht. Die hohe Kirchenleitung der Synodalen befasst sich doch sogar mit der Frage, unverheiratete Pärchen, Lesben und Homosexuelle im Bereich der Kirche anzuerkennen.
Karl-Ferdinand Maaß 
Kirche fördert die Heuchelei
Betr.: Zur Kündigung des Kirchenmusikers Manfred Schulz („LL" vom 4. April).
Hätte Herr Manfred Schulz Orgelpfeifen aus dem Dietrich-Bonhoeffer-Haus mitgehen lassen, könnte ich eine Kündigung durch den Lauenburger Kirchenvorstand verstehen, aber ihm seine Organistenstellung zu kündigen, weil er als verheirateter Mann zu einer Freundin zieht, das kann ich nicht nachvollziehen.
Wenn ein verheirateter Mann mit seiner Freundin zusammenzieht, ist das meines Erachtens ausschließlich Angelegenheit des Mannes und seiner Ehefrau. Kirchenbeschäftigte müssen sich nach den Zielen der Kirche verhalten, sagt Propst Dr. Hermann Augustin. Die Lauenburger Kirchengemeinde weiß natürlich, was moralisch ist und fördert damit die Heuchelei und Unaufrichtigkeit. Wer in der Kirchengemeinde überprüft überhaupt die Privatsphäre ihrer Angestellten? Bei der Kirchensteuerabgabe verhält es sich mit der Moral der Kirche ganz anders, da wird , selbst von offiziell unmoralisch arbeitenden Menschen gern das Geld genommen.
Man kann nur wünschen, dass nicht auch noch die Lütauer Kirchengemeinde ihrer Organistin kündigt, weil sie nun mit einem verheirateten Mann -zusammenlebt.
Imke Domke 
"Vergebung vorleben"
Betr.: „Kirchenmusiker gekündigt", „LL" vom 4./S. 4. 1996
Die Missklänge in der evangelischen Kirchengemeinde Lauenburg schallen locker über 120 Kilometer ins Land hinein. Das ist etwa die Strecke Lauenburg/Hannover. Ich kenne Manfred Schulz aus meiner Amtszeit in Lauenburg und habe ihn - wie zahlreiche Lauenburger - als Persönlichkeit und begeisterten Kirchenmusiker sehr geschätzt. Für seine musikalischen Leistungen von der Stadt ausgezeichnet, hat nun dagegen der moralische Hammer der Kirche wieder einen Menschen plattgemacht!
Seit Jahren war der Kirchengemeinde das „Gespann" Schulz/Cramme bekannt und offiziell geschah nichts. Nun, wo Manfred Schulz klare Verhältnisse schafft und im Oktober '95 mit Katrin Gramme ein gemeinsames Haus bezieht, schlägt der Kirchenvorstand mit reichlicher Verzögerung fürchterlich zu. Kirche ist nicht abgehoben und in lichten Höhen zu finden. Kirche lebt und ereignet sich in der Welt und da hat sie es mit Menschen und ihren Fehlern zu tun (kirchliche Amtsträger einbezogen). So gesehen, ist es Aufgabe der Kirche, sich um den Menschen mit seiner Schuld zu bemühen und die Vergebung nicht nur auf ihre Fahnen zu schreiben, sondern sie auch zu praktizieren. Man kann seinen Stall rein halten, indem man das Vieh abschlachtet - oder für Heilung sorgt.
Herr Schulz war Organist im Nebenamt. Ausgezeichnete Mitarbeiter im Nebenamt mit allzu hehren Maßstäben zu messen, hieße mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Die Kirche tritt im Fall Schulz massiv als Arbeitgeber auf. Einem Arbeitgeber steht es nicht zu, die Bettdecke seiner Angestellten zu lüften. Die Kirche sinkt in unserer Gesellschaft mehr und mehr in die Bedeutungslosigkeit. Der Grund dafür liegt meines Erachtens vor allem darin, dass ein so großes christliches Wort wie Vergebung  nicht mehr von der Kirche vorgelebt wird. Christus hätte Herrn Schulz gewiss nicht unmittelbar nach seinem letzten : Dienst die Kündigung überreicht. Die dafür verantwortlich sind, sollten sich die Geschichte von Jesus und der Ehebrecherin auf das Nachtschränkchen legen (Johannes 8) „Wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein... ". .;
Hans-Georg Caßau