Kennen
Sie Villon? Nein? Dann haben Sie etwas verpasst. Am letzten Samstag hätten
Sie im Kulturzentrum „Alte Turnhalle“ in Lauenburg die
„Reinkarnation“ des Francois Villon – eindrucksvoll und glaubhaft
dargestellt durch Wolfgang Puls aus Lauenburg - erleben können.
Nach
fünf Jahren wagte sich das lauenburger Theaterensemble „Commedia
musicale“ zum ersten Mal wieder auf die „Bretter, die die Welt
bedeuten“.
Manfred Schulz, künstlerischer Leiter des Lauenburger
Musik-Kreises: „Wir haben über ein Jahr an diesem Stück gearbeitet.
Einerseits sollten natürlich die schönen und anspruchsvollen Balladen
von Villon nicht zu kurz kommen. Andererseits wollten wir aber auch
unserer Theatertradition, der Commedia dell’Arte, gerecht werden.“
Diese Verbindung ist dem Ensemble mit der Inszenierung am vergangenen
Samstag in überzeugender Weise gelungen. Im Zentrum der Aufführung stand
das Leben des berühmten französischen Dichters aus dem Mittelalter, der
wegen seiner Eskapaden zum Tode verurteilt wurde.
Das von Commedia
musicale selbst erarbeitete Stück handelt von der Anklage und der
Verteidigung des Francois Villon vor einem Pariser Gericht im Jahre 1463.
Richter Dottore Lombardi (Winfried Matern) und Staatsanwalt Pantalone
(Manfred Schulz) ringen um eine gerechtes Urteil für den Angeklagten
Villon. Dieser verteidigt sich mit seinen Balladen und wird dabei unterstützt
von seiner Geliebten und damals stadtbekannten Prostituierten Margot
(Ursula Wick). Unterbrochen und passend untermalt werden die Szenen von
uriger und manchmal gewaltig klingender mittelalterlicher Musik (von
Carmina Burana bis Oswald von Wolkenstein), eindrucksvoll unterstützt von
überdimensionalen Pauken, geschlagen vom „Tambour des Grand Timbales“(
Benjamin Schulz).
Es ging aber auch verträumt
und einfühlsam zu bei wunderschönen Liedern aus der Renaissance, passend
zu den sehr eindrucksvollen Balladen von der „Schönen Helmschmiedin“
und der „Klempnersfrau“. Dabei ließ es sich auch Staatsanwalt
Pantalone nicht nehmen, an einem alten ausgedienten Harmonium für die
entsprechende Begleitmusik zu sorgen.
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Aber auch Ausflüge in
die neueste Zeit gelangen den Commedianten.
Mit einer originellen Rock’n-Roll–Version der Ballade: „Ich
bin so wild nach deinem Erdbeermund“ boten Francois Villon (Wolfgang
Puls) mit
Schlagzeugbegleitung (Benjamin Schulz) eine ungewöhnliche, aber das
Publikum mitreißende Interpretation.
Natürlich waren auch
andere alte Instrument von der Partie: Krummhörner, Dulcian, Dudelsack ,
mittelalterliche Schalmeien. Ein Instrument sorgte aber bei vielen Zuhörern
für besonderes Interesse: die Drehleier. Vor Beginn und in der Pause
wurde mit diesem Instrument Live-Musik von Dr. Helmut Grimm geboten. Auf
der Bühne wurde sie von Fantesca (Meike Lindemann) bei ihrer Ballade
„Pierre, der rote Coquillard“ stilvoll eingesetzt.
Am
Ende kommt es wie kommen muss: Das harte Ringen um ein gerechtes Urteil
hat wenigstens zum Teil einen Erfolg: Das Todesurteil gegen Francois
Villon wird aufgehoben. Er wird aber aus Paris verbannt und für vogelfrei
erklärt. Trotzdem lässt der unbeugsame Villon sich nicht unterkriegen.
Er ermuntert die Zuhörer mit dem Fazit aus seinem Leben: „...drum soll
man nie vor den Gewalten der hohen Obrigkeit den Schnabel halten.“
Fazit
eines begeisterten Zuhörers: „Die Musik, die Theaterszenen, die
Balladen von Villon, die Atmosphäre in der Alten Turnhalle - alles passte
wunderbar zusammen. Schade, dass es eine so schöne Veranstaltung nur in
Lauenburg und dann auch nur einmal im Jahr geboten wird.“
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