Historisches aus dem Musik-Kreis

 Lauenburger Rufer v. 30.4. 1996

Leserbriefe

Zu ihrem Bericht über Kündigung und Neugründung des »Lauenburger Musikkreis e.V.«.
Die Kluft zwischen weltlicher und kirchlicher Anschauung ist größer denn je. Wen wundert es da, wenn immer mehr Menschen sich in ihren Empfindungen und Anschauungen nicht mehr mit der Kirche identifizieren können. Die Folgen dürften bekannt sein: Die allsonntägliche gähnende Leere in den Gottesdiensten und zahlreiche Kirchenaustritte sprechen für sich. Die modernen gesellschaftlichen Lebensauffassungen sind mit überholten religiösen Anschauungen nicht mehr vereinbar.
Betrachtet man die Umsetzung der »Christlichen Lehre« in der evangelischen Kirchengemeinde Lauenburg mit kritischem Blick, so erkennt man sektenähnliche Parallelen. Die kirchliche Führung akzeptiert nur Mitglieder, die hundertprozentig deren Anschauungen vertritt. Das Gebot der Nächstenliebe, das ja auch die Tolerierung Andersdenkender beinhaltet, wird einfach außer Betrieb gesetzt. Ich möchte hier die Frage in den
Raum stellen, ob die hiesige ev.-luth. Kirche ihre Aufgabe darin sieht, moderne, aufgeschlossene und somit »kritische Menschen«, insbesondere kirchliche Mitarbeiter, auszugrenzen. Die Kündigung des Organisten und Leiters des Lauenburger Musikkreises, Manfred Schulz, ist schließlich nicht der erste Fall in der Geschichte der ev.-luth. Kirche in Lauenburg. Statt in der Christengemeinde durch solche Entscheidungen Zwietracht zu säen, was wahre Christen tunlichst unterlassen sollten, sollten sich die verantwortlichen Kirchenführer mehr mit einer »Reformation« der gegenwärtigen Zustände (oder Missstände?) kirchlicher Anschauungen befassen. Gebote wie: »Du sollst den Feiertag heiligen« oder »Du sollst nicht ehebrechen« und weitere Inhalte des Glaubensbekenntnisses sind längst überholt. Ein neuer »Luther« würde dem Image der Kirche sicher wieder zu dem verhelfen können, was sie einmal war: eine Institution zum geistigen, geistlichen und sozialen Wohle der Menschheit — oder anders gesagt, einem Ort des Friedens und der Nächstenliebe. Man möge aber nicht zu lange damit warten; denn sonst kann vielleicht nur noch einer helfen, der, der schon einmal vor zweitausend Jahren die »heiligen Tempel« von Sündern und Scharlatanen gereinigt hat. 
Wolfgang Puls 
Betr.: »Nach Kündigung Verein gegründet« vom 17. April
Der Rauswurf des verdienten Kirchenmusikers Manfred Schulz, der als Mohr jetzt für den Kirchenvorstand seine Schuldigkeit getan hat, erfüllt mich mit großer Trauer und Scham.
Ich selbst habe als ehemalige Kindergartenleiterin eines kirchlichen Kindergartens am eigenen Leib schmerzlich erfahren müssen, welche Maßstäbe bei der Kirche— vom Kirchenvorstand bis zum Bischof — gelten, und ich kann nur sagen, dass mich diese Praktiken und Argumentationen sehr (un)wohl an die leidvollen Hexenjagden aus dem Mittelalter erinnern, wenn auch keine Scheiterhaufen mehr errichtet werden!
Was hat Herr Schulz der Kirche nur angetan, dass er jetzt plötzlich nicht mehr an der Kirchenorgel zu ertragen sein kann?! Dabei lebt er doch schon seit vielen Jahren von. seiner Frau getrennt, und auch mit: seiner jetzigen Lebensgefährtin ist: er schon seit vielen Jahren liiert  -  was doch auch dem Kirchenvorstand fast genauso lang bekannt ist.. Und in dieser Zeit durfte er die; Menschen mit seiner Musik erfreuen! Nun aber nicht mehr! Denn jetzt lebt er ja mit seiner Gefährtin, offiziell unter einem Dach! Also,, der Mohr kann gehen" . Ich hoffe dass dieses zutiefst unchristliche: Verhalten — mit welchen Paragraphen dieses auch immer gerechtfertigt werden sollte — viele Menschen guten Glaubens aufrütteln, wird.
P.S. Die nächste Kirchenvorstandswahl kommt bestimmt — sogar noch in diesem Jahr! 
Beate Paulsen